Über die Auswirkungen der Pandemie auf die Nichtschwimmerausbildung und unseren Vereinssport

Für uns als Verein sind es aktuell insgesamt perspektivlose Zeiten, da uns die Pandemie jeglichen Handlungsspielraum nimmt. Bereits im vergangenen Jahr wurde unser Vereinsleben stark beeinträchtigt, so dass wir mittlerweile auf entbehrungsreiche Monate mit vielen Einschränkungen und sportlichem Stillstand zurückblicken.

In vorherigen Jahren haben wir immer vier Nichtschwimmerkurse mit jeweils einem Dutzend Teilnehmer*innen erfolgreich durchführt, haben ebenso viele Seepferdchen-Abzeichen ausstellen können, zusätzlich in weiteren Kursangeboten Schwimmfertigkeiten gefestigt, zahlreiche Kinder und Jugendliche zu sicheren Schwimmer*innen ausgebildet und vermehrt Jugendschwimmabzeichen abgenommen, die den Absolventen diese schwimmsportlichen Fertigkeiten in einem Ausweis zuerkennen.

Auch jetzt erreichen uns fast täglich Anfragen bzgl. unserer vereinssportlichen Angebote und Leistungen, da die Familien bereits begonnen haben, nach Perspektiven Ausschau zu halten, sobald sich Lockerungen der Corona-Maßnahmen ergeben. Auch wir als Ehrenamtler*innen brennen darauf, unserer Arbeit mit den Aktiven wieder nachzugehen, den Schwimm- und Wasserballsport sowie den Kursbetrieb wieder aufnehmen zu dürfen und vor allem den Kindern und Jugendlichen wieder Bewegungsangebote im Wasser machen zu können.

Leider gibt es dafür momentan keine Perspektiven, denn ausgerechnet für diesen Sommer plant die Stadt Stolberg umfangreichere, Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten, weshalb die Schwimmhalle Glashütter Weiher vom 03. Mai bis voraussichtlich 30. Juli wiederum geschlossen sein wird.

Eltern äußern uns gegenüber vermehrt Unverständnis, dass es der Stadt Stolberg in den vergangenen Monaten nicht gelungen ist, die geplante Sanierung zeitlich vorzuziehen, um den Zeitraum, in dem die Schwimmhalle pandemiebedingt ohnehin geschlossen bleiben muss, entsprechend dahingehend zu nutzen.

Bereits vor der Pandemie führten wir seit jeher umfangreiche Wartelisten für unsere Schwimmkurse; die Nachfrage war hier schon immer größer als das Angebot, da uns sowohl durch die Kapazitäten des Lehrschwimmbeckens aber auch durch die Anzahl der verfügbaren, geschulten ehrenamtlichen Übungsleiter*innen immer Grenzen gesetzt waren.

Alles andere als zufriedenstellend ist es nun für alle Beteiligten ist, dass bedingt durch die Schließungen während der Pandemie, die geplanten Sanierungsarbeiten, aber auch die begrenzten Wasserzeiten, die unserem Verein zur Verfügung stehen, momentan die Wartezeit auf einen Kursplatz leider auf ca. zwei Jahre angestiegen ist.

Bereits letztes Jahr mussten wir den ursprünglich für September 2020 geplanten Schwimmkurs auf März 2021 verschieben, da wir zunächst die zwischen März und Juni 2020 ausgefallen und die im weiteren Jahresverlauf pandemiebedingt in der Kapazität beschränkten Kurseinheiten der laufenden Kurse auffangen mussten.

Frustrierend ist nun – bei allem Verständnis für die aus Infektionsschutzgründen getroffenen Maßnahmen – dass der für März 2021 geplante Schwimmkurs nun durch die seit November 2020 fortwährende Schließung der Schwimmhalle nochmals um ein weiteres halbes Jahr – auf September 2021 – verschoben werden musste.

Die Kinder, die eigentlich ihren Kursplatz im Alter von fünf Jahren angetreten hätten und ein Jahr später bereits das Schwimmen erlernt oder zumindest eine vorbereitende Qualifikation erlangt hätten, werden somit bei Kursantritt ein ganzes Jahr älter, aber immer noch Nichtschwimmer ohne jegliche Wassergewöhnung sein. Auch alle Folgekurse verschieben sich dementsprechend, was letztendlich bedeutet, dass – abhängig vom tatsächlichen Öffnungstermin der Schwimmhalle – in der Nichtschwimmerausbildung mindestens ein gesamtes Jahr verloren sein wird, das wir nicht mehr kompensieren können.

Insgesamt ist daher nach derzeitigem Stand aufgerechnet alleine bei uns im Verein die Schwimmausbildung von ca. 50 Kindern unwiederbringlich der Pandemie zum Opfer gefallen. Eine dramatische Entwicklung, denn bereits vor der Pandemie waren ca. 60% der Zehnjährigen in Deutschland noch keine sicheren Schwimmer*innen, d.h. sie besaßen kein Jugendschwimmabzeichen Bronze. Dies war das Ergebnis einer durch die DLRG in Auftrag gegebenen, repräsentativen forsa-Umfrage im Jahr 2017 und wir müssen leider davon ausgehen, dass wir diesbezüglich in Zukunft noch mit viel besorgniserregenderen Zahlen konfrontiert sein werden.

Oft gerät es in der Politik offenbar in Vergessenheit, dass Schwimmen zu können bzw. es in jungem Alter zu erlernen auch ein Stück weit lebenswichtig bzw. lebenserhaltend sein kann. Erst im Sommer, wenn – nach vielen Monaten ohne Übung im Wasser – Familien und Jugendliche bei heißen Temperaturen an die Badeseen strömen, wird die Thematik der Öffentlichkeit – und auch der Politik – wieder bewusster werden. Viele Menschen sind sich der drohenden Gefahren in öffentlichen Gewässern wie Seen oder Flüssen nicht bewusst genug oder verhalten sich leichtsinnig, da sie dahingehend bedingt durch die fehlende schwimmsportliche Ausbildung nicht hinreichend geschult und nicht mit den Baderegeln vertraut gemacht werden konnten. Daher ist aus Sicht der schwimmsporttreibenden Vereine aktuell leider zu befürchten, dass sich durch den über Monate entfallenen Schwimmunterricht und die entsprechend fehlende Schwimmpraxis, Badeunfälle künftig drastisch mehren werden.

Unverständlich in diesem Zusammenhang auch für uns aus Vereinssicht, dass man im November 2020 im Zuge des „Lockdown-Light“ das Schulschwimmen zunächst wie selbstverständlich weiter fortführte, der Vereinsschwimmsport jedoch kompromisslos mit sofortiger Wirkung zum Erliegen gebracht wurde. Dieses Vorgehen der Politik haben wir im Vorstand des Stolberger Schwimmvereins 1910 e.V. auch ein Stück weit als Vertrauensentzug bezüglich unserer Umsichtigkeit und unserer getroffenen Maßnahmen zur Fortführung des Schwimmsportes während der Pandemie empfunden.

Mit viel Zeitaufwand hatten wir im Juni 2020 in unserem Vorstand ein sehr wirksames Hygienekonzept erarbeitet und nach Genehmigung durch die Stadt Stolberg stets konsequent umgesetzt. Während unser Trainingsbetrieb zwischen Juni und Oktober gemäß kommunaler Anordnungen mit reduzierten Kapazitäten lief, gab es zu keinem Zeitpunkt einen positiven Corona-Fall und wir befanden uns bzgl. der Maßnahmen durchgängig in enger Abstimmung mit den Behörden, um unsere Angebote fortwährend zuverlässig aufrecht erhalten zu können.

Auch unsere Dachverbände, der Schwimmverband NRW sowie der Deutsche Schwimmverband (DSV), haben sich eingehend mit den Infektionsgefahren im Schwimmbetrieb befasst und befunden, dass in ordnungsgemäß betriebenen Schwimmhallen mit entsprechendem Hygienekonzept keine über dem insgesamt bestehenden Infektionsrisiko liegende Ansteckungsgefahr besteht.

Gerade für die Kinder, denen durch Homeschooling und Wegfall jeglicher Freizeitaktivitäten viel Bewegungsraum und Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung genommen wurde, wäre es wichtig, die Gewissheit zu haben, ihren Vereinssport zeitnah wieder aufnehmen zu können. Hierbei stehen für uns selbstverständlich der Infektionsschutz, aber eben auch die unersetzlichen sportlichen und gesundheitlichen Aspekte des Schwimmsportes im Fokus.

Als Verein mit etwa 400 vornehmlich jungen Mitgliedern und starkem Zusammenhalt in den Fachsparten können wir zudem nicht oft genug betonen, dass die Kinder und Jugendlichen neben der sportlichen Auslastung darüber hinaus – nun bereits über lange Monate – auch einen zentralen Faktor ihrer sozialen Anbindung entbehren.

Wir versuchen all dies zumindest im Wettkampfschwimmteam in Ansätzen aufzufangen, indem über digitale Plattformen regelmäßige Sport- und Gymnastikeinheiten angeboten werden, eine Kompensation der ausgefallenen Trainingseinheiten ist dies dennoch nur mit sehr deutlichen Abstrichen, denn ohne Wasser ist für Schwimmer*innen einfach kein wirklich effektives Training möglich.

Zum Bereich Breitensport gehören in unserem Verein neben den Kindern und Jugendlichen, die bei uns das schwimmen erlernen oder Trainingseinheiten zum Ausbau von Schwimmtechnik und Kondition wahrnehmen, auch mehrere Dutzend aktiver Senioren, die sich normalerweise mit Wassergymnastik fit halten und ebenfalls die soziale Interaktion im und am Wasser schätzen, die sie nun schmerzlich vermissen.

Auf lange Sicht gefährdet die lange Hallenschließung, deren vermeidbare Ausdehnung auf weitere Monate bedingt durch die geplante Sanierung und die damit verbundenen Trainingseinbußen auch nicht zuletzt den weiteren sportlichen Erfolg unserer Wasserball-Herrenmannschaft, die vor der Pandemie in der 2.Wasserball-Liga West, der zweithöchsten Wasserball-Liga Deutschlands, mit hochkarätigen überregionalen Konkurrenten mithalten konnte und der so ebenfalls viele erfolgsversprechende sportliche Perspektiven unwiederbringlich genommen werden.

Für den Vorstand,

Stephanie Preetz, Breitensportwartin

Stolberger Schwimmverein 1910 e.V.